AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
380
7. Juli 1867

Liebster Freund!

Ich wollte, Sie hätten gesehen, welche Seelenfreude mir Ihr letzter Brief machte. Ich erwartete gestern etwas von Ihnen und gieng Abends, als ich den Bothen von Bezau angekom­men [glaubte] trotz Regen Wind und Dunkelheit mit meinem Vetter, dem Uhrenmacher nach Au. Und der Brief war den Gang werth. Ich habe bisher noch kaum Zeit gehabt an die Besprechung in der Europa, die ich wol nicht erhalte, zu denken. Auch ich werde Ihnen manches und fast nur Erfreu­liches über die Aufnahme der Dichtung in Vorarlberg zu melden haben. Ich habe auch mit Ihnen über eine mir zu Theil gewordene vertrauliche Mittheilung zu sprechen und bin auch darum froh daß Sie etwas früher kommen. Aller­dings werde ich mit Heuen noch nicht ganz fertig sein aber ich pflege jetzt ohnehin zuweilen die Gabel bei Seite zu legen und in mein Stüble zu eilen und überdas sollen Sie mich auch als Heuer sehen. Ich würde sehr bedauern, wenn Sie wegen 2-3 Tagen, Feldarbeit, die ein Anderer ja für et­liche Batzen so gut wie ich verrichten wird, Ihre Ankunft hin­ausziehen wollten. Ich war diese Woche in Bezau bei meinen Freunden Feuerstein und Reinhardt (in dem Letztern einem Beamten, werden Sie einen echten lieben Deutschen kennen lernen). Da wurde von meinen Freunden eine Rundreise oder doch ein Kreuzzug durch den vordem Wald verabredet wo ich noch so ziemlich fremd bin. Nun trifft sichs ja herrlich denn wir bestimmten den 21 oder noch einen frühern Tag und da können Sie meine Freunde im Ländchen kennen ler­nen. Auch Dr Josef von Bergmann in Wien, dessen Arbeiten Ihnen sicher bekannt sind, wird bis dahin hier sein da mir sein Besuch bereits gemeldet wurde. (Er ist vom Bregenzer­wald.) Von hier aus haben wir auch einen nahen und inter­essanten Weg nach Bludenz wo mein Schwager sich recht herzlich freuen wird, meinen lieben Freund und Wohlthäter zu begrüßen, denn er liebt und haßt mit mir und jubelt über das Glück, das mir wird, wie ein Bruder. Sie treffen dann auch andere liebe Menschen, deren Bekanntschaft Sie gewiß freuen wird, den ich stehe, dank Ihrer Vermittelung von Leip­zig aus nun auch im Vaterland nicht mehr so ganz alein wie noch vor einem Jahr um diese Zeit. Doch ich komme in meiner Freude ins Schwatzen und vergesse fast warum ich schreibe und daß es schon längst zum Gottesdienst läutete. Nun hab ich als Katholik das Meine gethan und kann noch mit Ihnen plaudern bis der Bothe wieder geht. Die Grenz­bothen hab ich erhalten u bedauert, daß der Traum den ich in jener Nacht wirklich hatte ganz abgeschnitten war. Er hätte dem Ganzen das so trostlos schließt, ein anderes Gesicht ge­geben. Nun ich hoffe, daß er sich noch verwirklichen wird u das war mir die Hauptsache. Aber davon bald mündlich. Den besten aber längsten Weg von Obers[t]dorf hätten Sie über Lechleiten nach Warth Krumbach, wo meine Schwäger auf der Alp sind, Schröcken, Hopfreben, Schoppernau, über die Berge würde ich das Gemsteljoch rathen, wenn Sie nicht den Ihnen neuen Weg oder Paß über Starzel vorziehen. Sie wer­den jedenfalls einen Führer mitnehmen wenn der Nebel so liegen sollte wie heut, denn noch liegt Schnee da droben, auf dem man leicht verirrt, wenn man die Gegend nicht mehr übersehen kann. Vom Schröcken ist mein Haus mit dem klei­nen Gärtchen vor der Stubenwand das erste welches Sie tref­fen so daß Sie gar nicht einmal zu fragen brauchen. Ich würde Ihnen entgegen kommen, wenn ich nicht dadurch Ihnen auf der Reise völlig Zwang anzuthun fürchtete. Ich kann den Tag Ihrer Ankunft kaum erwarten, aber ich möchte doch nicht, daß Sie meinetwegen schneller von Ihren Freunden wegeil­ten, die Sie vielleicht auf der Reise treffen. In Schröcken beim Jochum finden Sie alles recht ordentlich und es ist möglich daß Sie auch mich dort treffen, nur bitte ich Sie, darum keine Frucht auf dem schönen Wege ungepflückt zu lassen. Und nun wäre die erste Abtheilung unseres Briefwechsels zu Ende. Er entstand aus unserm Zusammentreffen in Au. Was alles mag wol aus dem Dießjährigen entstehen?! Ich habe das Gefühl, daß wir noch viel miteinander erleben. Möge es doch für Sie, liebster Freund erfreulich sein wie mir der Tag Ihrer Ankunft. Mit Grüßen an die Ihren u Freundshandschlag

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