AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
382
8. Juli 1867

Liebster Freund!

Heute in aller Eile noch einige Zeilen als Anhang zu meinem Gestrigen. Ich erfuhr eben, daß das Starzeljoch noch schwer zu überschreiten sei für einen Fremden in fremdlerischen Schuhen, wegen dem Schnee. Wir werden also, wenn Sie es wünschen die Nordseite des Widdersteins uns später einmal ansehen. Ihre Sachen adressieren Sie nur an mich, der Bothe wirds schon herein bringen und sonst kann ichs ja geich holen lassen. Ich nehme an, daß sie auf der Reise da und dort ungerechnet ein Stündchen verweilen und werde Sie daher Dienstag den 16 d M beim Jochum im Schrecken er­warten. Früher, am Montag würden Sie mich noch heuend daheim treffen. Ich zog heute mit den Meinen von Hopf­reben und ich wollte, Sie hätten den Zug gesehen. Voran mein Tagwerker mit der sg Heimkuh, dann Ihr Freund mit seinem Bücherränzlein und dem Mikle auf dem Arm, dann das Wible mit Hermann und Jakob und das Kaspale mit den 2 Ziegen machten den Schluß da das Ahle noch im Vorsaß zurück blieb.

Ich hätte ordentlich Lust Ihnen das Bild ins Lange und Breite zu malen aber ich hab noch was Anderes zu melden. Morgen Vormittag wandert mein guter Schreiner mit dem Altvor­steher und dem Weib des jetzigen Vorstehers nach Bezau aufs Gericht, wo sie vorgeladen sind, um Zeugniß abzulegen gegen Pfarrer Rüscher u. seinen Anhang. Man trug mir Ver­mittelung, Versöhnung an, doch ich will der erbärmlichen Geschichte ein Denkmal setzen oder verlieren. Alle Angese­henen hier sind für mich und sagen, daß auch sie durchaus nicht mehr lugg lassen würden. Draußen im Ländchen um Bezau u Egg herum ärgerts manchen, daß die Geschichte so öffentlich wurde, besonders ärgerts die Wirthe und Badbesitzer z b Dr Greber in Reute. Doch davon mündlich, und noch von vielem, was mir auf dem Herzen liegt. Ich wünschte schon so oft Sie hier zu haben! Gestern durchgieng ich Ihre Briefe. Es sind 18. Ich las einen nach dem ändern wieder durch und bei Jedem konnte ich noch ganz gut sagen wie es war als ich ihn erhielt und wie dann hernach. Heute suchte ich, während es regnete u stürmte, mehr als eine Stunde in nassen Wäldern u Tobein, kurz in ganz Hopfreben meine Kühe, die sich verirrt hatten, aber meine Stimmung war eine Frohere als früher bei die­sem für einen etwas kurzsichtigen sehr beschwerlichen Gang. Ich dachte an Sie, und ich sah den Weg den Sie mir aufthun wollen da fühlte ich mich nicht mehr beengt u niedergedrückt wie sonst. In der besten Stimmung kehrte ich mit den wakern Thieren heim.

Doch Sie werden meine Verhältnisse nun kennen lernen! Das Wible freut sich mit mir grenzenlos über Ihren letzten Brief! es läßt die lieben Ihrigen herzlich grüßen Also auf baldiges frohes Wiedersehen in Jochums Bücher­stüblein! Leben Sie wol und reisen Sie glücklich. Mit tausend Grüßen an Sie u die Ihren

Ihr Freund Franz M Felder

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