VON ANNA KATHARINA FELDER AUS SCHOPPERNAU AN FRANZ MICHAEL FELDER IN LEIPZIG

lfndenr: 
408
24. August 1867

Liebes Liebes Mindle!

Vor einer Stunde von Hopfreben kommend, mit dem Spren­ger, von wo uns der Regen nachdem wir morgens den letzten, Michlo Bleatz gemäht hatten, vertrieb, kann u. will ich nichts anderes thun, befor ich mich ein bischen mit Dir ausgeplau­dert habe. Morgen istAuer-Kirchweih,-ein rothanzustreichen­der Tag für alle Thresele u. Sefrinen, für alle Liebredenden, hoffenden - erwartenden. Auch ich zähle mit zu welchen, auch ich habe Kirchweih, zwar nicht Morgen in Au, was soll ich dort? Habe sie eigentlich schon seit Mittwoch, wo ich die Briefe von der Mutter nachgeschickt erhielt. Mich freute, daß Du Dich wohl u. behaglich im neuen Freundeskreise in der Stadt der Bildung u. Intelligenz, in der nächsten Umgebung, in der Hildebrandischen Familie fühlst. Weißt Du all den guten Leute[n] auch Dank u. Anerkennung, für alle Genüsse, die Sie Dir villeich[t] durch eigenes Entbehren bereiten? Vor allem aber freut mich, daß Du in diesem großen Leben u. Weben uns Kleine nicht vergißt, auf jener wundervoll reizen­den Fahrt auf der Pleiße nicht vergessen hast, u. ich danke Dir für die zugeschickten Grüße, o, ich habe sie erhalten, hat ich Dich wieder einmal einen Augenblick!

War ich doch auch so glücklich einmal als Vögelein so eine Mondscheinfarth mitmachen zu können, die den Bauerndich­ter zu einer Rede unter lauter grundstudirten Leuten Begei­stert. Das aber eben ist die Begeisterung, die reißend die Schranken überspringt. Wie Dir wohl König Lear gefällt, die­ses Dein Lieblingsstück, wie die Vorträge der Professoren? O kleines armes leeres Leben das ich lebte, gewiß, so muß es Dich überkommen? Die Landeszeitung will ich mir morgen od. heute noch verschaffen, um zu erfahren auf welche Art die Lawine Deines Lebens ins Rollen gerathen ist, auf die Recensionen bin ich sehr begierig, u. wenn Du mir irgend etwas zuschickest ist es mir sehr lieb. Dich von Lindau abzu­holen, däucht mir ein sehr guter Einfall, es hätte aber seine Bedenken, darum ist es mir lieb daß Uhrenmacher keine Bedenken hat, Dich von München abzuholen, wo es Dir, wie es scheint, sehr gut gefiele. Wenn dieser Brief wieder in Dei­nen Händen ist, hast Du Dich villeicht schon wieder zur Heimreise entschlossen, u. jedenfalls viel gesehen, gehört, Dich vielleicht so Eingeleipzigert, fühlst Dich so in Deiner Sfähre, daß es Dir schwer wird, wieder herzukommen. Aber mußt Du denn hier sein? Ich wünschte es, will es aber nicht. Man hat dem Großen das kleine zu opfern. Es ist denkbar ich hier, Du dort, wenn es zu Deiner geistigen Ausbildung, zu Deinem künftigen Glücke nothwendig ist. Ich glaube daß ich kann was ich muß, ja es freut mich wenn ich Dir ein Opfer bringen kann.

Der Zustand des Heuer Bäßle hat sich wieder gebessert, doch wird sie heuriges Jahr wahrscheinlich nicht mehr heuen. Bia­rars u. Josefies Lisabeth hat man heute versehen, u. gilt ihr Leben bis Frühjahr verloren. Korado Bub wird von sich selbst nicht, u. noch viel weniger von Mühle Mianno vorgeasso, die ihm Grüße u. Nagele, Nagele u. Grüße schickt. Gestern be­suchte er die brandstätten in Bizau, vorgestern war er in Bad u. Hopfreben, morgen will er auf die Kilbe. Koarado Mottoll freut sich des Fuchses u. des jungen Goggis, Jauko Marile freut sich aber nicht des alten Goggis, hieran sieht man wie­der deutlich, daß nicht alle Leute gleich sind. Für das neue Botenamt hatten sich nun die Bewerber zu mel­den, wie bald aus der Schneckenpost eine Hasenpost entsteht, wird sehen, wer es erlebt. Ich wünsche Dir nun eine gute glückliche Nacht, eine gute Kirchweih, weißt wohl, daß es Morgen Sonntag ist? u. alles was Dir an Leib u. Seele wohl thut, es soll Dir gelten als kleine Entschädigung für das was Du bisher nicht hattest nicht konntest, u. doch nothwendig haben solltest. Grüße mir die Hildibrandischen bringe wenn es möglich ist ihre Porträtz, wenn Hugo ein guter junge ist den Du liebst, so ist er wie sein Vater, der es doch auch so gut mit Dir meint. Deinen Jungen glaub ich immer werden, trotz allem, doch auch noch gut, weil es ihr Vater auch ist. Sie lassen Dich grüßen Kaspar u. Jakob Dich u. den Hildebrand, sie seien Braf. Es grüßt Dich auch Mutter u. Wible. Nun hab ich aber geplaudert, u. ich will nun aufhören, damit Du nicht glaubst, ich sei eine großartige Plaudertasche gewor­den. Es grüßt u. küßt u. liebt u. denkt sehr viel viel an Dich, in Mondscheinnächten, u. heißen Sommertagen, Dein kleines Wible.

Anna Katharina Felder.

Gerade jetzt ging Elsensohn mit einer Wälderin hinunter, u. meldet mir seinen Besuch.

Keine