VON JOHANN JOSEF FELDER AUS BORDEAUX

lfndenr: 
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19. Dezember 1862

Werther Freund!

Dein schreiben vom 9./12. habe ich heute, gegen 1 f bar geld richtig erhalten. Du bist, scheint es mir sehr reich an papir, daß Du so große bogen mit wenig werten in die fremde schickest, denn in Frankreich zahlt jeder Brif dais doppelte welcher mehr als 20 gramm wigt, merke Dir das für das nächste mahl. Du schribst mir daß gar nichts neues in unse­ren alten Bergen letzes jähr vorkam u. das glaube ich, denn wo Pfaffennebel ligt entsprist keine neue pflanze. Ich hörte mit vergnügen Deine gesundheit so auch das Wohlbefinden Deiner für mich so guten mutter u. hoffe, daß Du noch lange das Glück habest dieselbe zu besitzen, denn ich kann Dier sagen daß ich den Verlust der meinen tief ja sehr tief entp[f]inde. Auch freute es mich sehr zu vernehmen, daß Du schon etwas lebendiges gemacht hast, in diesem Falle beneide ich Dich, denn ich sage Dier aufrichtig, daß ich nur habe wollen machen.

Jetzt etwas von mir. Ich mache Dier bekannt, daß ich seit dem monat mai ein magasin gelehnt habe u. ich bin daher ein mann auf meine rechnung. Der mithzins kostet mich jährlich 480 Francen 50 Franc patent zusammen 530 Francen - um den Zins Kost u. Kleidung zu verdinen kannst Du Dir einbilden daß ich Geld gewinnen muß denn ich rechne 3 Franc par tag für Kost, trotzdemm geht es gut u. ich habe vil arbeit, u. trinke hie u. da ein gutes glas auf Deine Gesundheit. Ich bin gesund u. munter u. stoltz ein deutscher Uhrenmacher zu sein in einer Stadt wo es so ville tausende Fremde hat. Zudem spreche ich mit Holänder u. no[r]vegern auch mit Eng­länder ich bin der einzige Uhrenmacher der sich mit allen diesen zu verstehen machen kann. Bis dahin hatte es mir fast immer an geld u. Credit gemangelt, aber Gott sei gedankt, ich habe mir Credit erworben u. das ist besser als geld. Übrigens geht der Handel sehr schlecht, besonders der Seehandel, denn in Bord[e]aux wo es immer viele Americanische Schiffe hatte, sind bereits keine mehr. Die Arbeit fehlt häufig, u. der Geldmangel ist unter der arbeitenden Classe sehr groß. Zum neuen Jahre nun wünsche ich Dir, was ich mir selber wünsche u. damit kannst Du zufriden sein. Ich überschicke Dier einen Fächer, den ich von einem Indianer gekauft habe, u. Du kannst versichert sein, daß er in Indien gemacht worden ist. Auch schicke ich Dier meine Kart d'adresse. Mache mir das vergnügen meiner Schwester ein gutes neues Jahr zu wün­schen, u. sie für mich Herzlich zu grüßen u. zu umarmen. Wenn Du mier Deine Dorfgeschichten überschicken willst so mache nur die adress darauf ohne sie zu versigeln, grade wie eine Zeitung, u. ich hoffe daß ich das Vergnügen haben werde sie zu lesen.

Zum ende sage ich Dier, daß ich diesen Sommer eine lustreise gemacht habe, nämlich nach Biarritz wo der Kaiser der Fran­zosen alle Jahr hin geht. Auf dem rückweg habe ich meinen Vetter Hans in Dax besucht so auch Gabriel u. Anton seine 2 Söhne, im Oktober hatte ich das vergnügen seine Frau zu bewirten wo Sie nach 2 tagen nach Niort zurück reiste. Grüße mir alle bekannte u. Verwante so auch meinen Vatter. Mit Brudergruß u. Handschlag

Felder horloger allees d'Orleans Bord[e]aux

Keine