VON JOHANN JOSEF FELDER AUS SCHOPPERNAU AN FRANZ MICHAEL FELDER IN BLUDENZ

lfndenr: 
337
13. Mai 1867

Cher ami Michel.

Mit der schrecklichsten Langweile ringend, ergreife ich die Feder, um mit Dier lieber Freund ein wenig zu plaudern. Seit Deiner abreise ist mein Lebenskarren in mercklichen verfall gerathen. Die letz[t]e Woche hatte ich weder geistiges noch anders leben u. habe mich wahrhaft ins reich der Maulwürfe gewünscht. Nun, Dank dem Zufall, geht es ein wenig besser, jedoch bin ich noch zu schwach an Leib u. Sele, um mein Dasein zu genißen. Auch habe ich bereits den Entschluß gefaßt nächsten Monath von hier abzureisen um wieder ein­mahl Gottes große Natur in einem unverkrüppelten Zustande zu betrachten u. zu genißen. Was hier die Giftschlange seit Deiner abwessenheit geschaffen hat, weis ich nicht, indem ich gar nirgends hin kam, denn Du kannst Dier einbilden, daß ich mit meinem gebrechlichen karren nirgends hin konnte. Nur am Samstag abends erhielt ich ein Schreiben von unserm ge­liebten Freund u. Selsorger Rüscher welches wörtlich lautet: Lieber Johann Joseph.

Ich bin als ihr Pfarrer u. Selsorger in die sehr betrübende Notwendigkeit versetzt, Sie als Katholicken an die Verpflich­tung der Osterbeicht u. Communion, wofern Sie sich nicht die öffentliche Excum'mikation zuzihen wollen, dringenst zu erinnern u. hiemit aufzufordern, binnen 8 Tagen, das heißt, bis zum 4t Sonntag nach Ostern, den benöthigten Beicht u. Communionausweis (Beichtzedel) bei mier abgeben zu wol­len. Ich hoffe Sie nehmen diese Aufforderung so geneigt an u. kommen derselben nach, damit Ihnen etwaige Unbelibsam­keiten u. mier neue Verdrißlichkeiten ausbleiben werden. Mit Gruß u. Einschluß ins Gebet Ihr Wohlwollender Pfarrer     

Georg Rüscher

Schoppernau am Samstag

vor dem 3t Sonntag nach Ostern 1867

Kann Dir dieses Actenstück im 19t. Jahr Hundert ein späschen machen so beneide ich Dich darum wahrhaft nicht, was es auf mich wirckte kannst Du leicht errathen. Herr Wible ist heute in Hofpreben am Schaffen herrlicher Mistdüfte (wirt diesel­ben wohl auch sehen). Das Etzen sagt Deine Mutter gehe gut, u. nächste Woche ist man willens die Gelder der guten Base Maikatrin großartig zu vertheilen, verstanden, doch ich wil fertig machen mit meinem Geplauder u. hoffe Du befindest Dich jedenfalls besser als Dein Freund

Felder

Keine