VON JOSEF FEUERSTEIN AUS BEZAU

lfndenr: 
330
Fehlt
4. Mai 1867

Lieber Freund!

Hiemit übersende ich Dir die mir gelehnten Bücher und Schriften u. erstatte Dir hiefür herzlichen Dank, bitte wegen meiner Saumseligkeit nicht böse zu sein. Und dann habe ich erst noch auf dem Herzen, daß ich die von Deiner Frau ent­behrten Scheling trotz alles Suchens nicht finden konnte ungeachtet ich mich erinnere noch vor 8 Tagen in denselben gelesen zu haben; sollte er auch etwa unter Censur gerathen sein? Ich muß gestehen es wäre mir nicht unerwünscht, zu erfahren wie sich die Herrn in einem etwa so vorkommenden Falle benehmen würden. Natter hat mir Dein Werk über­bracht, u. recht gerne nehme ich dasselbe als ein Geschenk von Dir an, da ich darin ein Pfand Deiner Freundschaft erblicke. Es war mir leid den Natter nicht in meine Dienste nehmen zu können. Die Motive hiezu sind von zweierlei Art. Erstens habe ich durch G. Moosbruggers verunglückten Ver­such das Vertrauen in mich selbst verloren andere Menschen leiten zu können.

Anderseits hatte ich keine Aussicht Natter zu einer ehren­werthen Stellung zu verhelfen, denn der Lohn ist für einen der nicht bei der Familie leben kann, immer kein glänzender. Was Du mir unlängst sagtest, daß die Menschen auf gewisse Äußerlichkeiten viel geben, sehe ich sich bewahrheiten, denn gegenwärtig geht die Nachricht, daß Du durch die Post von Leipzig 200 Thaler erhalten herum und man sieht es den Men­schen an u. hört es aus ihren Äußerungen daß sie hierauf mehr Gewicht legen, als die günstigste Beurtheilung in dem berühmtesten Journale v. Europa.

Ich habe von Deinen jüngsten Conflikten gehört, bin aber der Ansicht, daß sie sich ganz ruhig verlaufen werden, wenn man sie mit gehöriger Kälte behandelt, bei einigen Graden Wärme würde der Brei des Fanatismuß in Gährung gerathen, u. der ganze Koch einen wiederlichen Geschmack annehmen. Nun habe ich beabsichtigt über Dein Werk noch dieß u. das zu plaudern aber es ist keine Zeit, wenn ich den Both noch erreichen will, deßwegen hievon das nächste mal. Es grüßt Dich Dein Freund

Josef Feuerstein

Keine