FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
421
4. Oktober 1867

Lieber Freund!

Deine Zusendung hab ich richtig erhalten, doch sehe ich noch nicht, wie und wann ich an die Umarbeitung kommen werde. Einstweilen bin ich voll von „Reich und Arm", welchen Roman ich in letzter Zeit wieder ganz durchging, weil ich manches fast ganz verlor. Nun möchte ich denn drauf los, da es noch warm ist und komme nur vor lauter Briefschreiben nicht dazu. Also Geduld! Die Liebeszeichen wanderten nach Graz und sind von der Redaktion der österreichischen Gar­tenlaube mit Freuden auf- und angenommen worden. „Die Novelle entspricht sehr", schreibt mir Pröll und fragt noch­mals, ob ich sie ihm unter den gemachten Bedingungen überlasse, d. h. wohl, er würde allenfalls mehr zu zahlen geneigt sein, ich schrieb ihm aber: Keil zahlt mir allerdings für den Bogen 100 Fl., doch das ist ihnen nicht möglich. Sie kennen aber meine Lage und werden mir gern ein längeres Zusammenwirken möglich machen wollen. Das ist im kurzen der Inhalt unseres letzten Briefwechsels. Die Liebeszeichen erscheinen in den nächsten sechs Wochen in der Österreichischen Gartenlaube. Das Stück kommt mir recht von Herzen, ist in meinen besten Stunden geschrieben, und ich sorge nicht sehr für den Erfolg, wie einfach auch die Fabel ist. Ich machte noch die mir in Kosen angeratene Bad­kur und bin daher noch nicht in Bezau gewesen, hab auch nichts Bedeutendes von dort gehört. Hier beginnt die Wahl­bewegung. Die Frommen wollen mich und die beiden Vor­steher stürzen und tun alles Mögliche. In dieses Kapitel gehört wohl auch ein großes Spottgedicht auf mich, welches vorigen Sonntag hier an der Kirche, dem Laden und dem Kaufhaus angeschlagen war. Leider kann ich Dir den Inhalt nicht mitteilen, denn als Kaspar Oberhauser das Blatt weg­nehmen und mir bringen wollte, nahm es ihm Rüscher weg und zerriß es, damit es nicht wieder von neuem Lärm gebe. Den hat's nun aber doch gegeben und der Täter? hat eine schlimme Zeit. Es ist das wahrscheinlich ein gewisser Schnell von hier, ein verwegener Bursche, Soldat und Bedienter, von dem man schon im Sommer mehrere der angeschlagenen Verse gehört haben will, z. B.:

„Dem Marile und seinem Limmel Ist verschlossen der Himmel."

So macht man mich als Dichter lächerlich, weil ich eben keiner sei (woher hat Schnell das?), und zuletzt ruft man der Ge­meinde zu: Wehe euch. Da Schnell ein unvorsichtiger Schwät­zer und jetzt wegen Anfeindung sehr aufgeregt ist, so warte ich ruhig auf das, was meine sorglich beobachtenden Freunde allmählich loskriegen und weiß noch nicht, ob etwas oder was zu tun ist.

Uhrenmacher Felders Liebesgeschichte wird immer interes­santer. Er ist jetzt entschlossen, seine Mariann zu heiraten, und will kurz und gut Protestant werden, wenn Rüscher ihn ohne Beichtgebrummel nicht verknüpfen könne. Merkwürdig ist, daß ihm die stille, ernste Mariann durch dick und dünn nach­läuft und doch auch wieder so viel über ihn vermag. Die Geschichte, bei der ich keine friedliche Lösung sehe, wird in Israel im Lande der Philister unter den jetzigen Verhält­nissen größtes Aufsehen machen. Er behauptet, da Rüscher ihm als Pfarrer die Seele abspreche, brauche er keine Sakra­mente zu empfangen. Dieser Ausspruch Rüschers sollte wohl veröffentlicht werden. Willst nicht Du es tun? Jetzt höre ich, Rüscher wolle eine gedruckte Geschichte der „Felder-Ange­legenheit" unter seinen Freunden verteilen, kann aber noch nicht glauben, daß er sich so weit herauswagen werde. Und nun genug von diesem erbärmlichen Schund. Die Deinen sind endlich mit Heuen fertig. Das Vieh gilt so, daß die Ställe viel zu leer werden.

Was macht Bickel und was die Lassalleaner? Grüße sie mir und wen Du willst. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund                                                                            F. M. Felder

Keine