FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
111
13. März 1864

Geliebter Freund!

Die merkwürdige Kritik Vonbuns in der Landeszeitung habe ich gelesen. Merkwürdig ist die Stelle von den Sagen, die er nicht finden kann. Soll das vielleicht, wie er sich letzten Herbst äußerte, Widerspruch hervorrufen, da könnte ich jetzt gegen ihn schreiben und ihn einer Unwahrheit beschuldigen, zum Teil sicher mit Recht - und was dann? Dann würde V. über die Sage schreiben und mich oder den sonstigen Gegner auf einen Weg bringen, der mit Vonbun doch nicht gut zu gehen wäre. Ich werde nicht in diese Falle gehen. Du auch nicht und niemand. - Denn ich habe nicht viele Freunde, die sich für mich in den Kampf begeben möchten. ­Daß mir aber der Aufsatz gefällt, kann ich nicht sagen. Er ist bitter, giftig, Lob und Tadel sind fast überall merkwürdig ineinander verschlungen, aber ich glaube diese Sprache zu verstehen. Morgen werde ich Dir meine Gedanken in der von ihm gelernten Form mitteilen, aber ich bitte Dich, das Ganze niemand sehen zu lassen, doch steht es Dir frei, davon zu benützen, was Du willst, wenn Du etwa mit jemand davon redest. Die Schoppernauer halten das Ganze für Lob und fangen an, vor meiner Dichtkunst Respekt zu kriegen, auch in Schnepfau habe ich Ähnliches bemerkt. Ich muß gestehen, daß ich diese Sprache nicht erwartet habe. Vom Frohnhof weiß ich nichts. Vielleicht werde ich später das Werk mit den drei gelesenen Besprechungen an Auerbach senden, um das Urteil eines unparteiischen Mannes zu hören. - Die Be­sprechung in den St. Gallner Blättern ist durchaus günstig, während in der nämlichen Nummer andere Werke, die wenigstens aus guten Verlagshandlungen kommen (z. B. Brockhaus), tüchtig durchgemacht werden, aber nicht in Von­buns Manier, sondern offen und so, daß man dadurch lernen kann. Die Besprechung ist, glaube ich, von Prof. Kapf in St. Gallen. Was Du darüber denkst, daß V. alles so durch­einander wirft, wirst Du mir hoffentlich bald mitteilen, so wie Deine Gedanken über das, was ich morgen zusammen­schmieren werde. Du wirst begreiflich finden, daß ich eine Zeitlang von der Sache rede, denn sie ist mir, trotzdem daß sich jetzt fast niemand um Dorfgeschichten kümmert, sehr wichtig. Der Bub soll Deinem Bruder Jok eine reiche Heirat und zu diesem Zweck a riche aulte Krüslare anempfohlen haben. Der Schneider sagte mir heut, als ich mit ihm nach Mellau ging, das Ding mache dem Jok viel Kopfarbeit, ich aber glaube nicht, daß er zu so etwas komme, doch man wird sehen. Mit dem Plan, die Teilung noch zu verschieben, soll Dokus am mindesten zufrieden sein, wir übrigen sind ganz einverstanden. Gestern ist die wißo Mari im Argenstein wahnsinnig geworden. Sie redet von nichts als Gott und ihren Liebhabern. Babl in Mellau, so wie ihr Mann, sind ein wenig unpäßlich, er hat diesen Winter auch eine Kuh forttun müs­sen. Ich und die Meinen sind gesund und wohl und hoffen, das Nämliche auch von Dir und Deinem Weib zu hören. Nun aber ist's Zeit ins Bett.

Sei so gut, mir bald einmal zu schreiben und mir auch mitzu­teilen, ob Du mit der Grabschrift zufrieden seiest, welche ich „gemacht" habe.

Es grüßt Dich und Deine Theres herzlich Dein Freund

F. M. Felder

Keine