AN KASPAR MOOSBRUGGER IN SCHRUNS [ENTWURF]

lfndenr: 
109
Fehlt
8. März 1864

Geliebter Freund!

Der Fasching dieses Jahres brachte uns traurige Tage, denn wenn wir auch die nach endlich vollbrachtem Tagwerk von uns scheidenden für glüklicher als uns selbst halten dürfen, so ist der Mensch traurig, wenn er die von ihm scheiden sieht die er mit ganzer Seele liebte. Am 5ten Februar begleitete ich Deine Mutter zum Friedhof u. Du wirst mir erlauben, Dir kurz meine damahligen Gedanken mitzutheilen. Ernst u. feierlich thönten die Glocken u. als ich so den einfachen Leichenzug überschaute, dachte ich:

 

Was ist geschehen, daß so laut und lange
Die Glocken läuten, oder was geschieht?
Ist es ein Kirchenfürst von hohem Range,
Der heut in unser stilles Ländchen zieht,
Und eilt das Volk zum festlichen Empfange
Herbei, das gern das Ungewohnte sieht?

Ach nein, die frommen Kirchenfürsten plagen
Sich nicht mit Reisen in den Wintertagen.

Ist's eines Sel'gen Fest, wozu die Glocken laden,
Den Romas Fürst zum Heiligen erkor,
Weil immer er gewandelt auf den Pfaden
Der Tugend wie ein glänzend Meteor,
Bewundernswert, - Fürst von Gottes Gnaden,
Zu dem die Menge staunend blickt empor,
Ein Wundertäter, wirkend für die Ehre
Dess', der ihn sendete, durch Tat und Lehre?

O glücklich der, dem es gelang, die Liebe
Der Nachwelt zu verdienen, prachtvoll ruht
Auf Lorbeern er; doch größer, wer dem Triebe
Des Herzens folgend, das, was recht und gut,
Auch wenn es stets der Welt verborgen bliebe,
Um Gottes und des Guten Willen tut,
Wer auch die Selbstsucht überwindet
Und Demut mit der schönsten Tat verbindet.

Und so war die, die auf der Totenbahre
Sie jetzt zum Friedhof tragen, demutsvoll
Und fleißig lebte sie wie eine wahre
Nachfolgerin Mariens leben soll.
Wie manche Sorge füllte ihre Jahre,
Wie manche Arbeit für der Ihren Wohl!
Nun ruhet sie und ernst und feierlich klingen
Die Glocken, die das Grabeslied ihr singen.

O ruhe sanft, Du, die wir nun beweinen,
Von langer mühevoller Arbeit aus;
Einst wird, dies tröstet uns, der Tag erscheinen,
An dem auch uns zu Dir ins Vaterhaus
Allvater ruft, uns ewig zu vereinen.
Dorthin gingst Du, Geliebte, uns voraus.

Wenn wir den Weg, den Du uns zeigtest, gehen,
So werden wir uns glücklich wiedersehen.

Dein   Bruder Jakob   beabsichtigt,  den  verstorbenen   Altern gemeinsam ein Denkmal setzen zu lassen. Er ersuchte mich, zu diesem Zweck ein paar Verse zu schreiben. Ich glaube, daß obige von * bis ) nicht unpassend sein würden, wenn man statt Du Ihr schreibt u. die 2 letzten Zeilen etwa so: Wenn wir den Weg, den ihr uns zeigtet gehen So werden wir uns glüklich wieder sehen. Dein kurzgefastes Schreiben vom 5 d M habe ich sammt Bei­lage richtig erhalten, u. werde Deinen Auftrag besorgen, so bald es mir möglich ist. Auf die mir vorhergesagte Kritik des Dr V bin ich sehr neugierig obwohl ich mir so zimlich alles einbilden zu können meine, was er sagen wird. Ich will nur kurz noch erwähnen, daß trotz der bewegten Zeit die St.  Gallner Blätter Nr 8 1864 mein  Werkchen  günstig besprochen   haben,  wodurch   es  auch   in   weitern   Kreisen wenigstens bekannt geworden ist.

Ich lese jetzt fleißig Zeitungen von der verschiedensten Rich­tung u. Farbe. Es ist mir dieß um so eher möglich, da alle in dieser Gegend bei Hrn Stettner bestellten Zeitungen mir zugesendet werden. Wenn Du mir wieder schreibst, bist Du villeicht so gut, mir etwas mehr über Riedl mitzutheilen. Den Schoppernauern will es nicht recht gefallen, daß die Rekru­tenaushebung so weit hinausgeschoben wird 1) fürchten sie daß man am Ende alles mitnehme u. 2) ist mancher Fremdler gezwungen daheim zu bleiben u. seinen guten Platz einem ändern zu überlassen. Vorige Woche wurden die neuen Glo­ken nach Schräken geführt. Das neue Geläute ist etwa 10 Zentner schwerer als das alte. Der Klang der Gloken gefiel den Leuten so gut, daß sie immer wieder mit Äxten darauf loshämmerten bis sie aus der größten u. zweitgrößten einen „Spatzen" Splitter herausgeschlagen hatten. Auch den Schop­pernauern muß das „Geläute" gefallen haben, denn man redet stark davon, auch ein schöneres u. größeres anzuschaf­fen, ein Gedanke, auf den man ohne die Schröker wohl noch Jahrhunderte nicht gekommen wäre. Aber in unserem neuen Gemeindevorsteher habe ich mich geirrt. Hr Albrecht ist näm­lich noch dümmer u. unverschämter u. alles Mögliche, als ich glaubte. Das hat er auf der letzten Rechnung bewiesen.

Keine