VON JOSEF VON BERGMANN AUS WIEN

lfndenr: 
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14. Dezember 1868

Lieber Herr Landsmann!

Als ich im August des Jahres 1867 im Bregenzerwalde, erst in Hittisau, dann durch 16 Tage am Schwarzenberg war, erfuhr ich, daß Sie nach Leipzig abgereiset sein, weshalb ich Sie nicht besuchte, wohl aber veranlaßte ich Frau und Tochter, die mich in meine Heimat begleiteten, die innersten Orte des Waldes zu besuchen u. so kamen sie auch nach Schoppernau. Die Eindrücke, die beide aus unserem Ländchen mitbrachten, haften unvertilg­bar.

Wie bald ich 72jähriger Mann wieder einen Besuch machen kann, hängt von meinen amtlichen Verhältnissen und von Gott ab. Nun erlaube ich mir Sie, lieber Herr Landsmann, auf etwas anderes in Ihrem Interesse aufmerksam zu machen.

Hier bestehtein Zweigverein der Schillerstiftung für dürftige Schrift­steller. Ich habe mich von diesem Wiener Zweigvereine unterrich­ten lassen u. erfahren, daß im herannahenden/änner eine Verthei­lung stattfindet. Um auch einer Unterstützung theilhaftig zu werden richten Sie ein Schreiben - ohne Stämpel u. ohne irgend ein Zeugniß Ihrer Dürftigkeit von Seite des Pfarrers u. des Gemeinde­vorstehers - an Herrn Dr Leopold Kompert u. zwar möglichst bald. In diesem Bittschreiben setzen Sie Ihre dürftige Lage gewissenhaft auseinander, den Verlust Ihres Weibes (das nach der Zeitung gestorben) u. so weiter.

Dieses Gesuch, wie gesagt an Hrn Dr Kompert stylisiert, schicken Sie mir. „Jos. von Bergmann, kk. Director in Wien" Landstrasse, Rennweg N. 6 zu, um es ohne Verzug dem Herrn Dr einzuhändi­gen; denn es dürften der Bittsteller viele sein. Ich werde hier Ihre drei literarischen Producte als Beleg Ihrer Leistungen beilegen, welche wohl in der Hofbuchhandlung Braumüller zu bekommen sind.

Ich hoffe, daß Sie für dießmal 100 fl erhalten; mein Wunsch geht aber dahin später eine weitere Unterstützung zu erreichen, um Muße zu schriftstellerischen Arbeiten zu gewinnen u. durch neue Leistungen Ihre Lage zu verbessern.

„Reich u. arm" habe ich mir im Octob. von meiner Frau u. Tochter abends vorlesen lassen u. war sehr erfreut über diese Lectüre, so auch die beiden Vorleserinnen. Neulich bei einem der ersten Herren des kais. Hofes speisend kam die Hausfrau, eine geborene Gräfin Chotek, auf Ihre „Nummamüller's", die ihr überaus wohl gefielen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich im Gespräche mehr in das Wesen des Waldes u. seiner Bewohner eingehen, so auch vom Verfasser sprechen.

Meine „Landeskunde v. Vorarlberg" ist nun aus der Presse gekom­men. Sollten Sie kein Exemplar von diesem Buche v. 128 S. u. mit einer Landkarte besitzen, so wollen sie mich hievon in Kenntniß setzen.

In der Hoffnung von Ihnen recht bald die Bittschrift zu erhalten, verbleibe ich Ihr wohlmeinender Landsmann

Jos. Bergmann

Keine